21.11.2015

History: Blue Box

Heute wieder etwas aus der Reihe "History".
Dinge, die man irgendwann mal gebastelt hat und die nach vielen Jahren in irgendeiner Kiste wieder auftauchen.

Es geht um ein kleines Gerät, welches wohl irgendwann Mitte der 80er Jahre zusammengestrickt wurde. Zu der Zeit waren z.B. ein Commodore Amiga 500 aktuell, Modems mit Übertragunsraten von 1200-19200 baud (also grob gesagt maximal 0,2 Mbit/s) und Nadeldrucker wie z.B. ein Star LC24-10.
Das Internet bestand damals für die meisten aus einem Netzwerk von Mailboxen, in die man sich per Modem zu normalen Gesprächstarifen einwählte. Eine Einheit kostete 0,23DM (?) und je nach Entfernung der Gegenstelle (Mailbox) wurde nach wenigen Sekunden bis zu Minuten eine Einheit fällig. Kein günstiger Spaß.
Gewählt wurde oft noch per Impulswahlverfahren, MVF/DTMF war noch nicht bei jeder Vermittlungsstelle möglich.
Soviel zur Erklärung für später geborene...

Clevere Leute entdeckten in den USA das Blue Boxing und irgendwann schwappte die Information auch nach Deutschland. Man konnte sich im amerikanischen Telefonnetz (CCITT #5) also "Operator" Rechte verschaffen und sich selbst beliebig weiterverbinden.

Hätte man nun in Deutschland per 0130er Nummer (damals für kostenlose Gespräche) einen R-Gespräch oder Calling-Card Anbieter in den USA angerufen und sich hiernach Operator Rechte per Blue Box verschafft, man hätte tatsächlich kostenlose Gespräche in die ganze Welt führen können.

Für diesen fiktiven(!) Anwendungsfall gab es Hardwareunterstützung in Form einer Blue Box. Das Gerät musste nur mit der Telefonleitung verbunden werden, im richtigen Moment die richtigen Töne von sich geben und schon hatte man Operator Rechte. Danach konnte die gewünschte Zielrufnummer per DTMF gewählt werden.


Für den Amiga gab es eine spezielle Software, die die entsprechenden Frequenzen automatisch abspielte. Um die Töne nun auf die Telefonleitung zu kriegen wurde die Blue Box am Parallelport angeschlossen, da dieser am Amiga auch die zwei Stereo Audiokanäle enthielt.

Die Hardware ist übersichtlich und besteht im wesentlichen aus einem Audioverstärker, einem Übertrager, der die verstärkten Töne auf die Telefonleitung überträgt und einem Relais um den Übertrager mit der Telefonleitung zu verbinden bzw. zu trennen. Ein 4093 plus Transistor sollte Programmgesteuert das Relais schalten (war softwareseitig allerdings nicht implementiert), alternativ gibt es einen Schalter um das Relais manuell zu schalten.




Hier die "Benutzeroberfläche". ON/OFF schaltet den Verstärker. "Manual Online" und "Remote" steuert das Relais.



Der SUB-D 25 Stecker ist nicht mehr vorhanden.


Zwei RJ-11 Buchsen, mit denen die Blue Box in die Telefonleitung eingeschleift wurde.

Über den 4093 und einen Transistor sollte das Programm automatisch das Relais steuern.


Und der Audioverstärker, ein TBA 800.


Das Blue Boxing war so lange möglich bis in den Vermittlungsstellen Filter nachgerüstet wurden.



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